31 Oktober 2006

Demonstration gegen IWF-Auflagen

Nicaraguaner protestieren gegen IWF- Auflagen
Die CC hatte für den Donnerstag, den 26. Oktobe,r zu einer Demonstration gegen die Auflagen des IWF aufgerufen. Man hatte mit mehreren tausend Menschen gerechnet und tatsächlich machten sich schließlich rund 7 000 Menschen auf den Weg Richtung Nationalparlament. Hier wurden dem Parlamentspräsidenten 20 000 Unterschriften übergeben, die deutlich machen sollen, dass viele Nicaraguaner die Auflagen der internationalen Finanzorganisation nicht ohne Gegenwehr akzeptieren wollenUnter den Demonstranten sind Vertreter von NGOs, von Frauenorganisationen, Menschen aus allen Teilen Nicaraguas, Studenten und Bauern, die meisten durch regionale Seminare der CC über die Folgen der IWF- Auflagen geschult. Die verschiedenen Redner weisen auch immer wieder auf die Einmischung des IWF in die inneren Angelegenheiten des Landes hin, die auch vor der Verfassung nicht Halt macht. Vor allem die finanzielle Autonomie von Kommunen und Universitäten, sowie die in der Verfassung festgeschriebenen 6 Prozent für die Universitäten, sind dem IWF ein Dorn im Auge.

www.ccer.org.ni - www.nicaragua-forum.de (Hier können Sie einen Protestbrief gegen die Auflagen des IWF unterzeichenen

Tag der Ernährung

Weltweiter Tag der Ernährung

In Nicaragua bekommt jeder und alles einen Tag, und die internationalen Tage werden sowieso gefeiert. Es gibt den Tag des Lehrer, des Schriftstellers, den Tag der "Rasse", an dem man ohne weiter darüber nachzudenken, die Ankunft der Spanier in Amerika feiert, es gibt den Tag des Journalisten, des Schülers und eben auch den Tag der Ernährung.

Alle diese Tage müssen gefeiert werden, was für die Nicaraguaner kein größeres Problem darstellt. Die Escuela Internacional de Agricultura y Ganadería (EIAG) veranstaltete anlässlich des Tages der Ernährung eine Agrarmesse in Zusammenarbeit mit verschiedenen Landwirten aus der Umgebung. Hier wurden vor allem Produkte der Escuela Internacional de Agricultura y Ganadería zu günstigen Preisen angeboten.
Außerdem wurden Schulen auf dem Land besucht, um die Grundschüler auf den Zusammenhang zwischen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit aufmerksam zu machen. Dabei versuchen die Professoren der E.I.A.G auch immer für den Verzicht auf Chemie in der Landwirtschaft zu werben.

29 Oktober 2006

Nochmal die Linkszeitung


REPORTAGE: Wahlkampf in Nicaragua PDF Drucken E-Mail
Samstag, 28. Oktober 2006
"Die Dächer sollen nicht aus
Plastik sein, sondern aus Zink"


Von unserem Korrespondenten Timm B. Schützhofer


frente
Wahlplakat von Daniel
Ortegas Frente Sandinista

Managua (ppa). "Was wir wollen, ist Arbeit und Frieden", dröhnt es zur Melodie von John Lennons "Give Peace A Chance" aus  den Lautsprechern. Mehrere tausend Menschen dürften es sein, die im beschaulichen, 28.000 Einwohner zählenden Rivas auf die Ankunft des Commandante Daniel Ortega warten. Als die Hymne der Frente ertönt, werden die rot-schwarzen Fahnen geschwenkt. Dann erscheint ein Hubschrauber am Horizont, fliegt einige Runden über der Versammlung. Es ist jetzt zwölf Uhr, Ortega ist zwei Stunden zu spät, also alles im Rahmen. Doch noch ist er nicht da, erst fährt er noch mit einem Autocorso durch die Stadt. Neben dem Mercedes-Jeep laufen die Bodyguards, die zwei Kreise um den Wagen des Kandidaten bilden. Zur gleichen Zeit wird noch an der Bühne für Ortegas Auftritt gebaut.

José Daniel Ortega Saavedra
füllt Straßen und Plätze in Nicaragua. Doch füllt er auch die Wahlurnen? An "Daniel", wie die Nicaraguaner den Präsidentschaftskandidaten schlicht nennen, scheiden sich die Geister, niemand hat so erbitterte Gegner und niemand so begeisterte Anhänger. Wie immer vor Wahlen in Nicaragua wird vor einer Wiederkehr des Contra-Kriegs und des Militärdienstes gewarnt. Wahlwerbespots der liberalen Parteien warnen vor Inflation und Mangelwirtschaft. Für sie ist Ortega ein Verbrecher, die Landreform der achtziger Jahre schlicht Raub. "So viele Beleidigungen, so viele Beschuldigungen, so viele Lügen, aber aus unserem Mund wird kein schlechtes Wort zu hören sein. Denn wir wissen, dass sie sich selbst Schaden zufügen. Wir antworten mit Arbeit, mit Frieden und mit Versöhnung", entgegnet Ortega unter dem Beifall seiner Anhänger.

Ortega versucht sich in diesem Wahlkampf ein neues Image zu verschaffen. Die dominierende Farbe ist Rosa und, wie schon 2001, nicht Rot-Schwarz. Die FSLN versucht eine positive Kampagne zu führen und so möglichst viele enttäuschte Liberale zur Wahl der Frente zu bewegen. "Hier in Rivas bin ich an einem sehr armen Haus vorbeigefahren, an dem Haus war Werbung der Alianza Liberal Nicaraguense befestigt, die arme Frau, die dort wohnt, hat nicht aufgehört, mich zu beleidigen, ich habe nichts gesagt, denn es ist nicht die Schuld der armen Frau, es ist Teil der fehlenden Bildung, Teil der Ignoranz."

Ortega weist auch auf einige traurige Fakten hin: den wachsenden Analphabetismus von inzwischen 35 Prozent, den Mangel an adäquatem Wohnraum und den Hunger. Sechzehn Jahre lang habe man neoliberale Modelle befolgt und dem Volk Arbeit, Gesundheit und Bildung versprochen. Mehr Reichtum für die Reichen und mehr Armut für die Armen habe dies bedeutet, erklärt Ortega und fragt seine Zuhöhrer: "Der gesegnete Papst Johannes Paul II. hatte einen Namen für dieses ökonomische Modell, er nannte es - mal sehen ob ihr euch erinnert - Kapitalismus" – "grausamer" wird von unten gerufen - "und der Papst fügte hinzu, dass die Völker nicht länger warten können, 16 Jahre haben die Armen in Nicaragua gewartet, welch' eine Geduld!"

Die katholische Kirche wird erstmals nicht mehr als Gegner des Sandinisten wahrgenommen, Kardinal Obano y Bravo hat sich sogar zu einem Verbündeten Ortegas gewandelt. Jetzt im Wahlkampf ist es wichtig, die Kirche nicht gegen sich zu haben und so sind die Parteien bereit, auf die Forderungen der Religiösen einzugehen. Plötzlich ist auch die FSLN gegen jede Art von Abtreibung, ein populistisches Manöver, mit dem auf eine Kampagne von katholischer Kirche und einigen Evangelikalen reagiert wird, die mehr oder weniger zufällig kurz vor den Wahlen gestartet wurde.

Zu diesem Thema verliert Daniel Ortega kein Wort. Er verspricht Kredite für alle und Unterstützung beim Bau von Häusern, "Häuser mit Dächern aus Zink und nicht aus Plastik". In seiner Rede sagt Ortega, was seine Zuhöhrer hören wollen, und er bringt anschauliche Beispiele für die Probleme, die in Nicaragua fast jeder kennt. Die FSLN möchte die Lösung für all diese Probleme sein. Die Frage ist nur, mit welchem Geld. Das durch den CENIS-Skandal verloren gegangene Geld könnte genutzt werden, doch das würde nicht reichen.

Die Coordinadora Civil, ein Bündnis von Nichtregierungsorganisationen und sozialen Bewegungen, schätzt, dass dem Staat im
CENIS-Skandal durch die Versteigerung von Vermögens der in Konkurs gegangenen Banken weit unter Mindestpreisen rund 580 Millionen US-Dollar verloren gegangen sind. Über Geschäftspartner soll Präsidentschaftskandidat Eduardo Montealegre durch die Insidergeschäften profitiert haben.  Bis zu 70 Millionen Dollar sollen ihm die krummen Geschäfte eingebracht haben.

Mit der Hilfe von Venezuela und Kuba kann gerechnet werden, doch auch diese wird nicht reichen. Bleibt schließlich nur, endlich konsequent die Steuern einzutreiben und die Wohlhabenden angemessen zu besteuern. Die Ressourcen, um Hunger und Elend zu besiegen, sind da. Ob die nächste Regierung die Kraft hat, den Kampf gegen die Armut konsequent und auch gegen wichtige Interessengruppen zu führen, wird sich zeigen. Den Umfragen zufolge besteht eine Chance, dass Daniel Ortega im ersten Wahlgang
gewinnt - vielleicht, alles ist offen.

28 Oktober 2006

Artikel in der Linkszeitung

Von den Auflagen des IWF und ihren bösen Folgen PDF Drucken E-Mail
Mittwoch, 25. Oktober 2006
Wie neoliberale Politik versagt:
Nicaraguas Wirtschaft am Boden


Von unserem Korrespondenten Timm B. Schützhofer

nicaragua_map
Grafik: Wikipedia
Managua (ppa). Nicaraguas Wirtschaft müsste eigentlich stark wachsen. Immerhin hat man gemacht, was die internationalen Finanzinstitutionen geraten haben. Die Sozialausgaben sind gering, die Einkommensschere ist groß, die Steuern niedrig - in einigen Sonderwirtschaftszonen zahlen die meist taiwanesischen Textilfabrikanten gar keine Steuern mehr - und privatisiert wurde auch kräftig in den vergangenen sechzehn Jahren: Zuerst die Banken, später die Energieerzeugung, und in der Regierungszeit Arnoldo Alemáns wurde schließlich auch die Energieversorgung an den spanischen Multi Union Fenosa verkauft. Nicaragua müsste ein Musterland der Marktwirtschaft sein und hohe Wachstumsraten aufweisen. Tut es aber nicht. Oft scheint es, als würden die Anreizsysteme des Marktes von vielen Nicaraguanern schlicht ignoriert. Im Jahr 2005 war die Wachstumsrate der Wirtschaft nur im krisengeschüttelten Haiti niedriger als in Nicaragua und zudem wird nun täglich für mehrere Stunden der Strom abgeschaltet.

Auch die Zölle wurden abgebaut und Freihandelsverträge abgeschlossen. Die Sozialausgaben pro Kopf betrugen Anfang der neunziger Jahre noch rund 104 Prozent der Summe, die Bolivien für Soziales aufwendet, und immerhin 69 Prozent der Sozialausgaben von Honduras. In den Jahren 2002/03 betrugen die Sozialausgaben pro Kopf nur noch rund 50 Prozent der Ausgaben Boliviens und 54 Prozent der Sozialausgaben von Honduras, wobei beide Länder ein niedrigeres Pro -Kopf -Einkommen als Nicaragua haben.

Das Steuer- und Abgabensystem in Nicaragua begünstigt zudem das reichste Fünftel der Bevölkerung, das nach Steuern und Abgaben ein prozentual größeres Stück des Kuchens abbekommt als vorher.

Insbesondere die Stromversorgung ist zu einem Problem geworden. Jeden Tag wächst die Verärgerung über den spanischen Konzern Union Fenosa und über die Politiker, die der Willkür des Stromversorgers scheinbar hilflos gegenüberstehen. Hier und da wird gegen den Stromkonzern demonstriert, dessen Preise deutlich über dem mittelamerikanischen Durchschnitt liegen. Meist wird jedoch mit Sarkasmus reagiert, wenn wieder der Strom für Stunden wegbleibt.

Mit Sprüchen wie „Lang lebe der Präsident, willkommen in der neuen Ära", machen sich Anhänger der Sandinisten über das Motto des liberalen Präsidenten Enrique Bolaños lustig. „Früher in den achtziger Jahren gab es Stromausfälle wegen des Bürgerkriegs oder wegen der Blockade durch die USA, die schwarze Nacht der Sandinisten haben sie  das genannt, aber heute, heute haben wir die schwarze Nacht des Herrn Bolaños", schimpfte kürzlich eine gute Bekannte.

Vom Erreichen der im Jahr 2000 von 189 Staaten unterzeichneten Millenniumsziele ist Nicaragua weit entfernt. Damals hatte man sich darauf verständigt „alle Männer, Frauen und Kinder bis 2015 aus prekären und inhumanen Lebensumständen und aus extremer Armut zu befreien." Der Hunger soll beseitigt werden, die allgemeine Grundschulbildung garantiert werden, die Gleichstellung der Geschlechter gefördert, die Kindersterblichkeit reduziert, die Seuchenbekämpfung verbessert, die Umwelt nachhaltig geschützt und eine Weltentwicklungsorganisation aufgebaut werden. In Nicaragua gelten heute 27 Prozent der Menschen als unterernährt und rund 45 Prozent müssen  von weniger als einem Dollar am Tag überleben. Die Bildungsausgaben betragen trotz einer extrem jungen Bevölkerung nur 4,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während Bolivien und Honduras bereits die 7 Prozentmarke erreicht haben. Alles allein die Schuld der nicaraguanischen Regierung?

Nein, meint die Coordinadora Civil ( www.ccer.org.ni/english ), ein Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen und sozialen Bewegungen und verweist auf die Kreditauflagen des Internationalen Währungsfonds, die Nicaragua aufgezwungen wurden, gegen die sich die nicaraguanische Regierung aber auch nicht wirklich gewehrt hat. Das Hauptaugenmerk richtet der IWF jedoch – ganz im Sinne neoliberaler Wirtschaftspolitik – vor allem auf die Finanzstabilität und lässt dabei soziale Ziele und demokratische Prinzipien außer Acht.

So fordert der IWF Verfassungs-"Reformen", da die derzeitige Verfassung den Landkreisen, den öffentlichen Universitäten und der Justiz finanzielle Autonomie zusichert. Ziel des IWF ist es derweil, sicherzustellen, dass sich alle Institutionen den Regeln der Finanzinstitution unterordnen. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass die Inlandsverschuldung in weiten Teilen in der Bankenkrise der Jahre 2000-2001 entstanden ist, in denen vier wichtige Banken pleite gingen. Die Bankenaufsicht übernahm die Kontrolle und verschleuderte das Vermögen der Banken. In Insidergeschäften wurde der Besitz der Banken zu extrem niedrigen Preisen verkauft. Der Schaden des Staates beläuft sich nach Schätzungen der Coordinadora Civil auf rund 580 Millionen US-Dollar.

Als eines der wichtigsten Ziele des IWF sieht die CC den Aufbau eines funktionierenden Marktes mit öffentlichen Schuldverschreibungen, wozu zunächst die zuverlässige Tilgung und Rückzahlung der öffentlichen Kredite durchgesetzt werden muss. Die CC wendet sich gegen diese starke Orientierung an Anlegerinteressen und sieht sich durch Aussagen Joseph Stiglitz' in ihrem Urteil über den IWF bestätigt. Der ehemalige Vizepräsident der Weltbank, Ökonomie- Nobelpreisträger und finanzpolitische Berater der Regierung Clinton, beschreibt den IWF als eine in hohem Maße durch das US- Finanzministerium beeinflusste Organisation, dessen Politik vor allem an den Interessen der Finanzwelt orientiert sei.

Die CC versucht deshalb, die Regierung zu einer Ablehnung der IWF-Auflagen zu bewegen und durch eine Internetkampagne möglichst viele Menschen in den reichen Ländern auf die Folgen der IWF-Politik aufmerksam zu machen. So sollen per Internet möglichst viele Protestmails nach Washington geschickt werden, um eine Flexibilisierung der IWF-Auflagen zu erreichen, damit eine soziale Entwicklung möglich wird und die Ausgaben für Bildung und Gesundheit erhöht werden können. Ganz auf den IWF verzichten könne man allerdings nicht, meinen Vertreter der CC, da auch die Hilfsprogramme der anderen Geberländer an eine Kooperation mit dem IWF gebunden sind.

Info
Weitere Informationen auf der Homepage der
Coordinadora Civil (CC)


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Find out more and visit http://home.arcor.de/rivas-nicaragua/

20 Oktober 2006

Millenniumsziele

Es gibt kein Geld um die Millenniumsziele zu erreichen

"Die Millenniumsziele sind eine sehr große Herausforderung und in den zehn Jahren die wir noch vor uns haben müssen wir viel unternehmen, um die Erfüllung diser Ziele zu erreichen. Für die Erweiterung und die qualitative Verbesserung der Gesundheitsversorgung gibt es große ökonomische Hemnissse und der Haushaltsentwurf reicht nicho für alle nötigen Ausgaben aus."

Dr. Carlos Cruz, director de aseguramiento de servicios de la división general de planificación y desarrollo del MINSA

 
 
 
 
Schreiben Sie eine Protestmail an den IWF- Director Rodrigo Rato und fordern Sie den IWF dazu auf, die Kreditauflagen zu verändern, welche der Regierung Nicaraguas auferlegt werden und die dem Gesundheitssektor ernsthaften Schaden zufügen.     
 
Hier geht es zur Übersetzung des Briefes:  http://www.nicaragua-forum.de/06/iwf-accion.htm

18 Oktober 2006

Barfuß in der Straße der Millionäre- Nicaragua vor den Wahlen 2006

Ausgerechnet in der Straße der Millionäre hat die linksgerichtete FSLN ihre Zentrale für die Provinz Rivas. Die wirklich Reichen leben längst in ihren Haciendas und Fincas außerhalb der Städte oder in eingemauerten Reichenvierteln. Hier in der Straße der Millionäre sieht es aus wie überall sonst in den Stadtzentren Nicaraguas. Überall ist Wahlwerbung zu sehen, überall sind Schlaglöcher, dicke Jeeps und museumsreife Autos, Staub und Müll, Fahradtaxis und Kutschen. Ein Straßenkind läuft barfuss die Straße hinauf. Die Straße der Millionäre ohne Millionäre, wie auch der Fluss des Goldes, der ohne Gold durch Rivas fließt, könnte stellvertretend stehen für den Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Wahlversprechen und Realität in Nicaragua. Eine halbe Millionen neue Jobs hat der mitte links Kandidat des Movimiento Renovador Sandinista MRS Edmundo Jarquin versprochen, Daniel Ortega von der Frente Sandinista de la Liberación Nacional FSLN verspricht: Arbeitslosigkeit Null, José Rizo von der PLC verspricht „Zuerst Arbeit für alle“ und der neoliberale Eduardo Montealegre möchte „Möglichkeiten sähen“ und „Mehr Beschäftigung, weniger Armut“ erreichen. So kurz vor den Wahlen stellen sich alle Parteien und Kandidaten als Vertreter der Armen dar, verständlich in einem Land in dem fast 80 Prozent der Bevölkerung als arm gelten und von weniger als 2 Dollars am Tag leben.

Nicaragua ist eines der ärmsten Länder Lateinamerikas, regiert von einer kleinen Oligarchie in der sich Geld und Macht konzentrieren. Es ist eine kleine, sehr reiche, meist hellhäutige Oberschicht. Eine Oberschicht, die ihre Kinder zum studieren ins Ausland schickt und einen Großteil ihres auf Schweizer Bankkonten hat. Darunter die Pellas, die wohl reichste Familie Mittelamerikas, die Dynastie der Chamorros und andere Familien der Oligarchie, die Montealegres, die Bolanos, die Barrios, Familiennamen die in ganz Nicaragua bekannt sind. Vor und nach der Revolution sind es die gleichen geblieben, in deren Händen sich die wirtschaftliche Macht konzentriert ist und auch die Angehörigen des Somoza Clans versuchen von Miami aus „ihr Eigentum“ zurückzuerhalten.
Auf den ersten Blick ist nichts von Rassismus zu erkennen in Nicaragua. Vielleicht wird sich der ein oder andere Tourist, warum immer noch die Heldenstatuen der Spanier stehen, wo doch dauernd über die bösen Kolonialherren geschimpft wird. Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass vier von fünf Präsidentschaftskandidaten völlig europäisch aussehen, obwohl diese Gruppe eine kleine Minderheit darstellt. In Nicaragua ist der Unterschied zwischen Arm und Reich auch für lateinamerikanische Verhältnisse großteil ihres Kapitals auf Schweizer Bankkontos gebunkert hat.
Es wird viel geklagt, über die Misere des Landes. Über die schlechte Situation an den Schulen, die katastrophalen Zustände in den Krankenhäusern und über die ständigen Strom und Wasserausfälle, die meist mehrere Stunden am Tag das Land lahm legen. „Es lebe der Präsident, es lebe der Liberalismus“, lauten die sarkastischen Kommentare der Sandinisten, wenn der spanische Konzern Union Fenosa mal wieder den Strom abgeschaltet hat. Der Fall Fenosa ist ein typisches Beispiesl für eine Privatisierung, die besseren Service zu niedrigeren Preisen bringen sollte, aber das Gegenteil gebracht hat. Immer wieder gibt es Demonstrationen gegen die private Stromgesellschaft, die weitere Subventionen einfordert. Stolz auf ihr Land sind die Nicaraguaner trotz allem, auch der Tatsache zum Trotz, dass wohl mehr als 80 Prozent der jugendlichen das Land verlassen würden, wenn sie könnten. Stolz auf ihre Gastfreundschaft, stolz auf ihre Improvisationskünste und auf ihre Feste, Tänze und Lieder. Oft scheint der Nationalstolz auch eine Trotzreaktion zu sein. „Ich bin Nicaraguaner, na und“, liest man auf vielen T-Shirts, die sich gegen die Diskriminierung nicaraguanischer Gastarbeiter in Costa-Rica richten. „Nicaragua zuerst“, verkündet der Kandidat der Partido Liberal Constitucional PLC José Rizo und Daniel Ortega hing sich die Nationalfahne um, als er vor zehntausenden, vielleicht hunderttausenden, zu den Feierlichkeiten zum Sieg der sandinistischen Revolution über den von den USA unterstützten Diktator Somoza auftrat. Doch alle Einigkeit verkündende Propaganda, alle das Vaterland lobenden Lieder können die tiefen Risse in der nicaraguanischen Gesellschaft nicht verdecken. Unlängst erklärten einige Ex-Contras, man werde im Falle eines Wahlsiegs der FSLN wieder zu den Waffen greifen.

„Ein geschenktes Hemd oder eine Mütze, ersetzen euch weder das Recht auf Bildung für eure Kinder, noch das Recht auf medizinische Versorgung“, erklärt die FSLN Direktkandidatin für das nicaraguanische Parlament Venancia Barrera, während einem Wahlkampfauftritt in einem Rivenser Armenviertel. Doch Geschenke vor den Wahlen, sind in Nicaragua ein übliches Mittel Politik zu betreiben. Don Raúl, einem überzeugten Sandinisten, wurde kürzlich von Vertretern der Alianza Liberal Nicaragüense – Partido Conservador des neoliberalen Montealegres ein neues Zinkdach versprochen, wenn er die Partei wechselt. „Nein, nein, brauchen wir nicht, wenn das alte Dach nicht mehr hält und wir kein Geld haben, dann schlafen wir lieber unter Bananenblättern als Geschenke von euch anzunehmen“, schlug Don Raúl das Angebot aus. Der Wahlkampf in Nicaragua wird mit allen Finessen geführt. In so genannten „Foren zur Versöhnung“ verkündet der FSLN Generalsekretär und Präsidentschaftskandidat Daniel Ortega wöchentlich den Übertritt von Funktionären anderer Parteien zum Wahlbündnis der FSLN. Der letzte Große Coup war der Anschluss Talaveras an das Bündnis, welcher bereits auf Platz drei der nationalen Liste der ALN-PC steht und nicht mehr von der Liste getilgt werden kann und diese auch nicht freiwillig verlasssen möchte. „Wer ALN wählt, wählt die FSLN“, verkündete daraufhin der PLC Sprecher Leonel Teller. Die FSLN habe Verbündete auf der Liste der ALN postiert, um ihren Wahlsieg abzusichern. Aus der US-Botschaft heraus versucht man derweil immer noch die Einheit der liberalen Parteien PLC und ALN-PC wieder herzustellen und hat für den Fall, dass sich die Nicaraguaner in „freien Wahlen“ für den „falschen Kandidaten“, sprich für den Ex- Präsidenten Daniel Ortega entscheiden, schon mal mit scharfen Konsequenzen gedroht. Man ist nervös in Washington, denn Ortega könnte im ersten Wahlgang Präsident werden. Dazu braucht er 35 Prozent der Stimmen und 5 Prozent Vorsprung vor dem zweitplazierten Kandidaten. Um dies zu verhindern hat Botschafter Paul Trivelli schon angekündigt, dass man bei einem Sieg Ortegas die US-Hilfe drastisch einschränken werde und die Europäer und andere Geberländer auffordern wird, dem Beispiel der USA zu folgen. Auch Venezuela wird vorgeworfen, sich in den Wahlkampf einzumischen. Besonders die Vertreter der rechten Parteien, versuchen die Hilfangebote Venezuelas und Kubas als Wahlkampfhilfe für die Sandinisten zu diskreditieren. Als Beispiel dienen hier die Öllieferungen zu vergünstigten Konditionen, die über die meist sandinistischen Rathäuser abgewickelt werden sollen. Ein anderes Beispiel ist das Projekt „Aktion Wunder“, durch das bisher 1500 Nicaraguaner Augenoperationen in Kuba und Venezuela erhalten haben. Von Kubanern und Venezolanern wird derweil immer wieder beteuert, dass es für die Teilnahme an dem Projekt nicht auf das passende Parteibuch ankommen. Man suche nach Bedürftigkeit aus. Die Hilfe aus Kuba und Venezuela hilft den Sandinisten dennoch im Wahlkampf, denn viele haben die Hoffnung, dass eine Regierung der FSLN die Energiekrise durch Venezuelas Hilfe wird lösen können und viele erhoffen sich die Rückkehr der vielen kubanischen Ärzte die zu Zeiten der Revolution im Lande waren.

Anmerkung: Dieser Artikel wurde auch in der Printausgabe des Neuen-Deutschland vom 18.102006 veröffentlicht.