16 Februar 2007

Kommentar: Chávez

Wer hat Angst vor Hugo Chávez?

George Bush? Condoleezza Rice? Vielleicht! Auf jeden Fall aber dieWelt, nein nicht die ganze, sondern nur die Zeitung - und vor allen anderen Hildegard Stausberg, die ihre Angst vor Chávez in einemKommentar niederschreibt. Sie titelt: "Siegeszug eines Diktators".
Gemeint ist Hugo Chávez, dernach Auffassung der Journalistin gleich den ganzen Kontinent erobern will.

Und wie?

„Mit seinen Petrodollars und kubanischen Hilfstruppen errichtet Chávez systematisch immer neue Dominosteine: erst Bolivien, dann Ecuador und nun Nicaragua." Wahrscheinlich geht er ähnlich vor wie einst die hochgerüsteten, rücksichtslos brutalen Sandinisten, die, wenn ihnen die Reagan-Administration nicht rechtzeitig Einhalt geboten hätte, wohl bis nach Texas marschiert wären. Diese Sandinisten sind jetzt wieder an der Macht, aber heute macht man sich eher um Hugo Chávez Sorgen, der, so Hildegard Stausberg, nur durch eine "erfolgreiche Sozialpolitik" aufzuhalten sei. Hinter dessen"Phrase" vom Sozialismus des 21. Jahrhunderts stecke die "Eroberungsstrategie eines Diktators und Egomanen". Das ist ja furchterregend! Und dann flirtet er auch noch mit dem Mullah-Regime, dem Bösen an sich! Was man durchaus sachlich kritisieren kann und muss, jedoch geopolitisch durchaus nachvollziehbar ist und wohl wenig mit ideologischen Übereinstimmungen, was dieGesellschaftspolitik betrifft, zu tun hat.

Doch die Sache mit dem Diktator verstehe ich schlicht und einfach nicht. Seit wann lassen sich Diktatoren wählen und laden dazu infamerweise auch noch ausländische Beobachter ein? Ja, sogar Beobachter des Carter Centers und der immer noch von konsevativen dominierten OAS waren in Venezuela, um die Hugo Rafaél Chávez Frias mit knapp 63 Prozent wiedergewählt wurde. 1998 war er mit 56 Prozent erstmals zum Präsidenten gewählt worden. Nach einem gewonnenen Referendum über eine verfassunggebendeVersammlung wurde diese gewählt, wobei die Chávez-Anhänger wiederumeine große Mehrheit erhielten, stellte sich der "Diktator" im Jahr2000 erneut der Wiederwahl und gewann mit fast 60 Prozent der Stimmen.Nach der neuen Verfassung wurde es möglich jeden Amtsträger nach derHälfte seiner Amtszeit durch ein Referendum zu entmachten. Nach dem gescheiterten Putschversuch des Jahres 2002 – die CIA ist eben auch nicht mehr das, was sie mal war, und den gescheiterten Oligarchenstreiks der Jahre 2002 und 2003, besann sich die Opposition auf die neu eingeführte Möglichkeit eines Abwahlreferendums und schaffte es auch, die nötigen Unterschriften einzusammeln, die für das Referendum nötig waren. Schade nur, dass wiederum 59 Prozent der Wähler für einen Verbleib von Hugo Chávez im Amt stimmten, der sich zwei Jahre später einer erneuten Wahl stellen musste, die er dann sogar mit knapp 63Prozent der Stimmen gewann. Nebenbei bemerkt bei deutlich höhererWahlbeteiligung als noch 1998. Eine merkwürdige Art Diktator und ein merkwürdiger Populist. Auf jeden Fall kommt es selten vor, dass Populisten, von denen man eher leere Versprechungen erwartet, nach 8 Jahren an der Macht mehr als 60 Prozent der Stimmen erhalten. Und die Eroberungen? Ich kann mich nicht daran erinnern, wannVenezuela zuletzt Krieg geführt hat. Gleichwohl breiten sich die Ideen von Hugo Chávez und der bolivarischen Revolution aus – friedlich!

Bei so unterschiedlichen Politikern wie Evo Morales, Ignacio Lula daSilva oder Rafael Correa von Klonen zu sprechen, zeugt nicht geradevon biologischen Kenntnissen, sondern ist, auch aus politischer Sicht absolut realitätsfern und zeugt nicht gerade von einem hohen Kenntnisstand der Autorin. Evo Morales ist der erste indigene Präsident Boliviens, wo diese Bevölkerungsgruppe die Mehrheit der Bevölkerung stellt. Er ist einGewerkschaftsführer, dessen politische Karriere auf von ihm geführte soziale Bewegungen und Proteste gegen den Neoliberalismus basiert. Rafael Correa dagegen studierte in den USA, ist Ökonomieprofessor, mit einer Belgierin verheiratet, er war schon mal Wirtschaftsministerseines Landes, bis er die IWF- Auflagen für Ecuador nicht akzeptierenwollte. Ignacio Lula da Silva wiederum ist Vorsitzender der Arbeiterpartei Brasiliens, einer Traditionspartei, und war schon mehrfach angetreten, bevor er schließlich 2001 die Präsidentschaftswahlen gewann. Klone sind das jedenfalls nicht, sondern alle sind sehr unterschiedlicheVertreter einer neuen Klasse von Politikern. Wenn wir schon im Biologischen bleiben wollen: Mutanten vielleicht, aber im positiven Sinn. Mutanten, die so an neue Verhältnisse angepasst sind, dass sie das Überleben der Art – also der Menschheit - ermöglichen.

Am Ende des Kommentars dann die Erkenntnis: "Sein Siegeszug ist nur zustoppen, wenn seine Gegner sozialpolitisch erfolgreich sind "Werden sie aber nicht, weil sie keine ernsthaftes Interesse an sozialen Verbesserungen haben, deshalb sind sie ja seine Gegner.

06 Februar 2007

IWF-Verhandlungen

Nicaragua vor IWF-Verhandlungen PDF Drucken E-Mail
Montag, 5. Februar 2007
Feuertaufe für Ortega: Beugt sich
Managua dem Währungsfonds?


Von unserem Korrespondenten Timm B. Schützhofer
 
Managua. Unterschiedlicher könnten Verhandlungspartner kaum sein wie bei den Gesprächen zwischen IWF und Nicaragua. Dabei stellte eine Analyse der weltweiten IWF- Auflagen, die Ariel Buira verfasste, fest: "Je größer ein Land ist, desto stärker seine Finanzposition und desto zahlreicher die Finanzierungsalternativen, die bereitstehen und umso besser die verhandelnden Ökonomen und umso kleiner die Wahrscheinlichkeit, dass es Auflagen annimmt, die ihm nicht gefallen".
Nun ist Nicaragua klein, schwach und gilt auf dem internationalen Kreditmarkt immer noch nicht als kreditwürdig. Die Asymetrie bei Nicaraguas Verhandlungen wird auch dadurch verstärkt, dass Geberländer ihr Engagement oft von einem IWF- Programm abhängig machen. Hat die neue sandinistische Regierung also überhaupt einen Spielraum?
Die "Budgethilfegruppe" der Europäischen Komission finanziert neun Prozent des nicaraguanischen Haushalts. Dass man so die Zahlungen der Budgehilfegruppe ermöglicht, ist in Nicaragua das gewichtigste Argument für ein Akzeptieren der IWF- Auflagen. Im Vertrag
mit der Budgehilfegruppe fehlt jedoch jeglicher Hinweis darauf, dass ein IWF- Programm für die Zusammenarbeit mit der Gruppe nötig ist. Die schwedische Botschafterin  erklärte: "Im Falle Schwedens und verschiedener anderer Geber, gibt es keinerlei Zwang, dass das Land eine Übereinkunft mit dem Währungsfond haben muss".

Das britische Entwicklungshilfeministerium hat schon 2005 klargestellt, dass man kein Programm internationaler Finanzinstitutionen unterstützen wird, das die Entwicklungsländer zu Privatisierung und Deregulierung zwingt. Aus Norwegen hört man ähnliche Erklärungen. Andere Geberländer zeigen sich weniger flexibel.

In den Verhandlungen mit dem IWF wird sich nun zeigen, ob die internationale Finanzinstitution das Land welter auf neoliberales Kurs zwingen kann. Ein Programm mit dem IWF garantiere markroökonomische Stabilität, argumentieren viele Geberländer. Dies sei auch bei einer sozialeren Politik zu erreichen, stellt jedoch der nicaraguansiche Ökonom
Adolfo Acevedo Vogl fest.

Wenn es keine klaren Änderungen am IWF-Programm gibt, wird Nicaragua die Milleniumsziele nicht erreichen. Weniger Analphabeten, weniger Hunger und eine bessere medizinischen Versorgung wären kaum möglich. Ohne Flexibilität der Gebergemeinschaft würde wohl auch die Demokratie Schaden nehmen, denn für diese ist die Möglichkeit, zwischen Alternativen wählen zu können, elementar. Auch die Politik Ortegas wird nach den Verhandlungen besser einzuschätzen sein.


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03 Februar 2007

Berliner Umschau

Neoliberalismus, Risiken und Nebenwirkungen in Zentralamerika

Für eine solidarische Wirtschaft - gegen Neoliberalismus

Von Timm Schützhofer, 
Rivas (Nikaragua)



Zentralamerika ist wohl die am stärksten von den USA abhängige Region der Welt. Es ist der Hinterhof der Supermacht. Was der neue ecuadorianische Präsident Rafael Correa als „lange Nacht des Neoliberalismus" bezeichnet hat, ist hier noch lange nicht vorbei. In´den meisten Ländern wächst die Wirtschaft, trotzdem zeichnen die Vertreter von Initiativen für fairen Handel ein negatives Bild von der sozialen Entwicklung in ihren Ländern.

Die Armen erreicht das Wachstum nicht. Der Einschätzung Rafael Correas, dem neuen linksorientierten Präsidenten Ecuadors, dass der Markt ein sehr guter Diener aber auch ein schlechter Herr sei, hätten die aus El Salvador, Panama, Honduras und Ecuador nach Nicaragua gereisten Delegierten wohl zugestimmt. In Managua traf sich ein Netzwerk verschiedener zentralamerikanischer Organisationen, die sich für eine solidarische Wirtschaft einsetzen und Kleinbauern und Kunsthandwerker bei der Vermarktung ihrer Produkte
unterstützen.

Wenn Feliciano Martínez aus Honduras über die Probleme seines Landes spricht, dann nennt er zuerst die steigende Kriminalität und die Gesundheitskrise. Diese Entwicklung führt er auf den Neoliberalismus zurück. Auch in El Salvador wird in der zunehmenden Kriminalität ein sehr großes Problem gesehen. Die Regierung habe auf die hohe Mordrate- bis zu 18 Morde täglich (bei einer Einwohnerzahl von etwa 6,5 – 7 Mio..) - mit harter Hand reagiert, was jedoch nichts gebracht hat. Der so genannte Tiger Zentralamerikas wachse vor allem wegen der Remesas (Geld, das von im Ausland lebenden Menschen in die Heimat überwiesen wird), die inzwischen 30 Prozent des BIP ausmachten, erklärt Luis Zúniga vom ecuadorianischen Netzwerk CORDES.

Wie in Honduras gebe es einen Mangel an Medikamenten. Das Geld für Gesundheit und Bildung sei gekürzt worden, erklärt Zúniga. Auch in Panama sieht der Vertreter von PROCOSOL, Raúl Nunez, keine Verbesserungen. Präsident Martin Torrijos bezeichnet er als USA hörig.

Und Nicaragua? Damaris Aguilar von RENICC stellt die Lage des Landes nach 16 Jahren Neoliberalismus so dar: Der Sandinistenführer Daniel Ortega steht demnach vor schweren Aufgaben als Präsident. Er übernimmt die Regierung in dem nach Haiti ärmsten Land des Kontinents, wo zudem, nach Brasilien, die größten Unterschiede zwischen Arm und Reich bestehen .

Und auf dem Weltmarkt werden die Produkte des Landes jedes Jahr billiger, die importierten Maschinen und technischen Geräte jedoch immer teurer. Der freie Markt wird derweil durch die Agrarsubventionen in den USA zu einer Farce. Billige Agrarimporte aus den USA bedrohen mehr und mehr die Existenz der nicaraguanischen Campesinos. Die Ergebnisse von 16 Jahren Neoliberalismus lassen sich kurz zusammenfassen: 34% Analphabetismus, 850 000 Kinder außerhalb des Bildungssystems, Tausende ohne Zugang zu Gesundheitsversorgung, mindestens 30 Prozent Arbeitslosigkeit, das Fehlen von 400000´Wohnungen. Die Nicaraguaner scheinen, wie andere Zentralamerikaner auch, mit den Füßen abzustimmen. Eine Millionen Nicaraguaner lebt außerhalb des Landes, 5,5 Millionen in Nicaragua.

Was man tun kann? "Artikulieren", sich verstärken" und „mobilisieren", lauten die Schlagwörter. Die Protestform soll gewaltfrei sein. Dass starke zivilgesellschaftliche Bündnisse etwas bewirken können, meint auch der nicaraguanische Ökonom Adolfo Acevedo Vogl. In Costa Rica sei das Freihandelsabkommen DR-CAFTA auch deshalb noch nicht ratifiziert worden, weil es starke Proteste aus der Zivilgesellschaft gegeben habe. „Das soziale Gewissen der Nation ist hier stärker ausgeprägt", stellt der Ökonom fest. Bei dem Abkommen geht es um mehr als um Freihandel, beispielsweise auch um Patentrechte auf Wirkstoffe bestimmter Pflanzenarten. Ein für Zentralamerika besonders wichtiges Thema, da die Region besonders reich an Biodiversität ist. An den besonders scharfen IWF- Auflagen für Nicaragua, sei auch die fehlende Mobilisierung gegen die Regeln des IWF und mangelnde Information der Bevölkerung Schuld. Für Honduras sind die Auflagen bei Weitem weniger streng. Honduras kann deshalb mehr in Bildung investieren.

Die politische Arbeit ist den Organisationen wichtig. Sie verstehen sich nicht als reine Vermarktungsfirmen im Sinne eines verantwortungsbewussten Unternehmertums, sondern arbeiten für eine solidarische Wirtschaftsordnung. Dies ist schwer in einem neoliberal bestimmten Umfeld. Wichtig ist den Teilnehmern der Konferenz, dass „der Kampf für die Armen" ein unverhandelbarer Wertmaßstab der Organisation sein muss. Mit der Vermarktung von Agrarprodukten möchte man die Nahrungsmittelsicherheit und die Nahrungsmittelsouveränität herstellen. Hier bereitet vor allem die Konzentration der Saatgutproduktion in der Hand weniger Multis Sorgen. Den Kunden möchte man Produkte hoher Qualität anbieten- die meisten in Relacc zusammengeschlossenen Organisationen setzen daher auf organischen Anbau. Eine Schule für solidarische Wirtschaft soll entstehen. Anfänge haben verschiedene Organisationen auf nationaler Ebene schon gemacht.

Man möchte so Alternativen zur aktuellen Wirtschaftsform entwickeln und strukturelle Veränderungen zum Vorteil der großen Mehrheit bewirken.

Die Netzwerke sind nicht gewinnorientiert, wollen aber innerhalb der nächsten Jahre Selbsttragend werden. „Wir können nicht auf ewig von Spenden abhängen", macht der Direktor Relacc`s, Rubén Tapia deutlich. Die an Projekten teilnehmenden Frauen, Männer und Familien profitieren von Schulungen und den sich ihnen öffnenden Märkten. Sie werden organisiert und es wird untersucht, welche Produkte gebraucht werden. Es wird versucht, einen Teil der Produkte direkt in einem Geschäft in der Gemeinde zu vermarkten oder auf so genannten Bauernmärkten. Dafür werden die Menschen ausgebildet und können sich persönlich
weiterentwickeln. Worterklärungen: Relacc – Lateinamerikanisches Netzwerk für Kommunale Vermarktung

Auswärtiges Amt-Info: El Salvador weist in Lateinamerika und weltweit eine der höchsten Kriminalitätsraten auf. Im Jahresschnitt kommen pro Tag 10 Menschen durch Tötungsdelikte ums Leben. Die Gefahr von Gewaltverbrechen - insbesondere in der Nähe der touristisch interessanten Vulkane und am Strand - ist überaus hoch, die Hemmschwelle beim Gebrauch von Schuss- oder Stichwaffen niedrig. Im Falle eines Überfalles ist es dringend geboten, auf Widerstand zu verzichten.

Als besonders gefährlich müssen sowohl die Hauptstadt des Landes, San Salvador, als auch die Departamentos La Paz, La Libertad und Sonsonate angesehen werden. Auch in der Nähe der großen Hotels der Hauptstadt („Zona Rosa") kommt es regelmäßig zu Überfällen. Es wird empfohlen, auch bei kurzen Wegstrecken ein Auto (zugelassene Taxis haben ein „A" als ersten Buchstaben auf dem Nummernschild) zu benutzen. Einzelreisende sollten besonders vorsichtig sein. Nach Möglichkeit sollte nur auf Hauptstraßen gereist und Nebenstraßen vermieden werden. Auf Wandertouren oder ähnliche Ausflüge ohne kundige Begleitung abseits der Hauptverkehrsstraßen sollte verzichtet werden. Halten Sie die Türen und Fenster Ihres Autos geschlossen. Nehmen Sie keine Anhalter mit und halten Sie auch nicht bei einem scheinbaren Unfall, sondern verständigen Sie die nächste Polizeidienststelle (schon mancher Unfall wurde fingiert, um den zu Hilfe Eilenden auszurauben).

Veröffentlicht: 3. Februar 2007


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