12 Januar 2007

Amtsübergabe Nicaragua

Mit Freihandel, Sozialen Hoffnungen und dem Papst zum Sieg

 

Am 10. Januar übernahm Daniel Ortega nach drei verlorenen Wahlen die Präsidentschaft. Die Politik der FSLN ist nicht leicht einzuschätzen. Wie immer füllte Ortega, wo immer er hinkam, Straßen und Plätze. Doch diesmal zitierte er Johannes Paul II., wenn er den Neoliberalismus kritisierte. Dieser habe den Neoliberalismus als „grausamen Kapitalismus" kritisiert. Von Sozialismus, sprach der später von Hugo Chávez als „sozialistischer Präsident" Nicaraguas empfangene  Präsident nicht. Trotzdem sieht man in vielen regionalen Parteizentralen der  FSLN Portraits von Chávez, Castro und Guevara.

 

Im Wahlkampf sah man  Daniel Ortega oft eher als Wanderprediger denn als ehemaligen Revolutionär. „So viele Kanonen, so viele infame Lügen, die sie gegen uns richten, doch aus unseren Mündern wird kein schlechtes Wort kommen, wir antworten mit Arbeit, mit Liebe und mit Wiederversöhnung", wandte sich Ortega an seine Zuhörer. Plötzlich sah man die Fahne der Partido Resistencia Nicaraguaense (Contra) oder Yatama (Miskito), also ehemalige Kriegsgegner der Sandinisten, bei Veranstaltungen der FSLN. Auch der emeritierte Kardinal Obando y Bravo, früher ein Gegner der FSLN, gilt heute als Verbündeter. Um das Bündnis mit der Kirche nicht zu gefährden, stimmte die Fraktion der FSLN für das völlige Verbot der Abtreibung. An nicht wenigen Häusern sah man deshalb das Konterfei Daniels neben Anti- Abtreibungsplakaten der katholischen Kirche mit dem Slogan „Abtreiben ist Töten" an der Wand hängen. Von Frauenorganisationen und der internationalen Gebergemeinschaft gab es scharfe Kritik an dem neuen Gesetz, das besonders ärmere Frauen betreffen wird. Die wohlhabenden werden in Miami abtreiben lassen und die Sandinisten auf Kuba.

"Dieses Gesetz, das die Menschenrechte verletzt, darf nicht wirksam werden. Es verletzt die elementaren Rechte von Frauen in Nicaragua, wenn Schwangerschaftsabbruch in jedem Fall unter Strafe gestellt wird – auch wenn das Leben der Mutter gefährdet ist oder die Frau vergewaltigt wurde", erklärte die Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit Heide-Marie Wieczoreck- Zeul. Nicaragua hat nun mit Chile und El Salvador das strengste Abtreibungsgesetz Lateinamerikas. Die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet schwächte alledings die strengen Abtreibungsgesetze durch ein präsidiales Dekret ab, welches die Einnahme der Pille danach innerhalb von 72 Stunden erlaubt.

 

Daniel Ortega hat rund 38 Prozent der Stimmen erreicht, die Mehrheit der Nicaraguaner hat weiterhin ein klar negatives Bild von Daniel Ortega. „Wie kann das sein? Der Teufel kommt und es hört auf zu regnen", rief eine Anhängerin Eduardo Montealegres kurz vor der Ankunft Daniel Ortegas in der Provinzhauptstadt Rivas. Doch Daniel Ortega weiß vor allem, wie er die Armen in Nicaragua ansprechen muss. Er spricht von den Dächern aus Plastikplanen, von den Kindern, die arbeiten müssen, vom Hunger und davon, dass er dies ändern wird. Dass einige

dieser armen Menschen trotzdem die Liberalen wählen, könne man ihnen nicht vorwerfen.Sie seien Opfer der Ignoranz und fehlender Bildung, so Ortega. Tatsächlich wirkte die Angst vor der Wirtschaftsblockade durch die USA, vor der Wiedereinführung der Wehrpflicht und einem möglichen Bürgerkrieg im Wahlkampf immer noch nach.

Die Antwort viele FSLN Anhänger darauf, warum sie Daniel Ortega unterstützen, ist

einfach: „Weil Daniel für die Armen ist." Durch Daniel hoffen sie auf eine bessere Gesundheitsversorgung und auf Schulbildung für ihre Kinder.

 

Seit dem Wahlsieg Daniel Ortegas ist nichts Gravierendes passiert. Der neue Präsident möchte mit den internationalen Organisationen zusammenarbeiten und auch die Beziehungen zu den USA scheinen sich zu normalisieren. Ortega betont die Sicherheit für Investoren und die Achtung des Privateigentums. Mit venezolanischer Hilfe werden bereits Stromkraftwerke installiert, die dabei helfen sollen die täglichen, meist mehrstündigen Stromausfälle zu beenden. Ob das Versprechen die Gehälter,

der hohen öffentlichen Funktionäre, die zwischen 7000 und 15 000 US-Dollar monatlich verdienen, zu senken, erfüllt wird, muss abgewartet werden.