25 September 2006

Hugo Chávez

„Nur Chávez kann das machen"
 
Es ist zehn Uhr abends in Managua. Der Fernseher läuft, und in den Nachrichten wird ein Ausschnitt der UNO-Rede des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez gezeigt. Die Rede, für die Chávez von der Weltgemeinschaft vierzig Sekunden Applaus bekommen sollte, während George W. Bush am Tag davor nur fünfzehn Sekunden Höflichkeitsbeifall erhielt.
Auch in Deutschland schaffte es Hugo Chávez mit seiner Rede in die Medien. So etwas hatte die UNO-Vollversammlung seit Chruschtschow nicht mehr gesehen. „Gestern war der Teufel hier, und es stinkt immer noch", sagte Chávez in Bezug auf den US-Präsidenten und bekreuzigte sich dabei.
"Eine wüste Attacke, ein Ausraster" erklärten unsere Medien. Doch im Fernsehen sieht man niemanden der ausrastet, sondern einen selbstbewussten, sehr ruhigen Präsidenten, der seine Rolle als Hauptgegenspieler des US- Imperialismus bestätigen möchte. Um zehn Uhr abends in Managua, in einem nicaraguanischen Wohnzimmer, ist die Stimmung ausgelassen: „Bravo Chávez, Hugo verdammt, tritt dem Cowboy in den Arsch." Während in der UNO nur leise gegiggelt wurde, wird hier laut gelacht und applaudiert. Über Bush, den Chávez seit Jahren nur noch Mr. Danger nennt, sagt Chávez, dass dieser gesprochen habe wie der Herr der Welt. Und wie der Herr der Welt benimmt sich der Präsident auch für viele Menschen in Lateinamerika. Deshalb ist Chávez ein Idol in Lateinamerika, eine Ikone, längst auf Augenhöhe mit Fidel Castro. „Nur Chávez kann das machen .... und Fidel, sonst niemand!". Es wird erstmal eine neue Flasche Bier geöffnet und auf Chávez angestoßen. „Viva Chávez, viva Sandino- viva!" Hier, wo man von den USA als dem Imperium spricht, wo Tausende im Krieg gegen die US-finanzierten Contras gestorben sind, hier wo sich der US-Botschafter Paul Trivelli ständig in die Innenpolitik einmischt, jubelt man, wenn Chávez das Imperium lächerlich macht, wenn man die USA machtlos sehen kann.
Was Chávez in der UNO getan hat, war kein Ausraster, keine wüste Attacke, sondern eine wohlkalkulierte, gut vorbereitete Provokation eines linken Präsidenten, der wieder gewählt werden möchte und dafür seine Stärke zeigen wollte. Ein Präsident, den die rechte Opposition mit Hilfe der USA durch einen Militärputsch beseitigen wollte, den man umbringen wollte, gegen den ein Showprozess geführt werden sollte. Ein Präsident der all' dies mit der Unterstützung der großen Mehrheit der Venezolaner überstanden hat. Chávez weiß, dass er auch in den USA Verbündete braucht. Verbündete wie Harry Belafonte, Cindy Sheehan oder Jesse Jackson, die alle schon in der Fernsehsendung ‚Alo Presidente' waren. In seiner Rede empfiehlt er den internationalen Diplomaten ein Buch des US-Dissidenten Noam Chomsky.
Einen Tag nach seiner Rede vor der UN-Vollversammlung spricht Chávez in einer Kirche in Harlem. Vor der Tür stehen einige Anti- Chávez- Demonstranten und auf CNN-Español drücken US-Politiker ihre Unterstützung für George Bush aus. Die meist afroamerikanischen Zuhörer im Inneren der Kirche jubeln hingegen, als Chávez das cowboyhafte Auftreten des US-Präsidenten nachahmt.

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